Besuch der Kinzigtalsperre: Hybride Lösungen notwendig
„Im Main-Kinzig-Kreis muss mehr in den Hochwasserschutz investiert werden“, sagt Reiner Bousonville, Fraktionsvorsitzender der Grünen Main-Kinzig. Gemeinsam mit Mitgliedern der Grünen Arbeitsgruppe „Ökologie und Klimaschutz“ besuchte die Kreistagsfraktion den Wasserverband Kinzig. Eingeladen hatte der Geschäftsführer Holger Scheffler dafür an die Kinzigtalsperre in Bad Soden-Salmünster.
„Die Kinzigtalsperre ist die Lebensversicherung des Main-Kinzig-Kreises“, betont Scheffler im Gespräch mit den politischen Vertreter:innen. Bis zu 7 Millionen Kubikmeter Wasser fasst die rund 550 Meter breite, dreieinhalb Kilometer lange und bis zu zwölf Meter tiefe Sperre, die durch die Kinzig gespeist wird. Gemeinsam mit dem Ökologen Dr. Hans-Otto Wack und dem stellvertretenden Talsperrenleiter Rene Zuckrigl, führte Scheffler die Anwesenden durch die Anlage.
„Seit Jahren werden drei Hochwasserückhaltebecken im Main-Kinzig-Kreis geplant, aber bisher noch nicht umgesetzt. Für das erste Becken kann aufgrund der hohen Anforderungen in der Planung erst jetzt die Baugenehmigung beantragt werden. Dabei ist Hochwasserschutz eine wichtige Aufgabe für die Zukunft. Hier muss mehr präventiv geplant und Vorhaben müssen schneller umgesetzt werden.“ Scheffler plädiert dafür, das notwendige Geld für Hochwasserschutz immer zu investieren: „Hochwasser verursacht viel höhere Schäden, als präventive Maßnahmen kosten. Außerdem kann ein Menschenleben nicht gegen Geld aufgerechnet werden. Die Hochwasserkatastrophe im Ahrtal hat gezeigt, wie schnell eine Situation gefährlich werden und viele Menschenleben kosten kann.“ Die Ahrtalkatastrophe hätte auch im Kinzigtal passieren können.
„Die Dürrezeiten werden immer häufiger und die ausgetrockneten Böden nehmen Wasser schlechter auf“, erklärt Wack. „Bei einem Starkregenereignis kann das Wasser nicht schnell genug versickern.“ Deswegen seien neben der Kinzigtalsperre auch weitere Rückhaltebecken im Kreis sehr wichtig: „Wir müssen den Worst-Case kontrollierbar machen. Hier hilft die Staumenge in der Kinzigtalsperre, aber es benötigt einen umfassenden Hochwasserschutz durch mehr miteinander korrespondierende Rückhaltebecken.“
Die aktuell 13 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Wasserverbandes sind hier dauerhaft in Abrufbereitschaft, da es sich bei der Kinzigtalsperre um eine kritische Infrastruktur handelt: „Hochwasser bildet sich sehr schnell. Wir müssen dann schnell reagieren und die entsprechenden Wassermengen durch gezielte Abgaben kontrollieren“, ergänzt Zuckrigl in den unterirdischen Gängen der Kinzigtalsperre. Bis zu 40 Kubikmeter Wasser können im Winter so pro Sekunden an die Kinzig abgegeben werden, im Sommer ist es die Hälfte: „Pro Sekunde also die Wassermenge eines kleinen Schwimmbads“, fügt Scheffler an. Kontrolliert wird dies durch drei Tonnen schwere und vier Meter hohe Stahsperrklappen, die im Zulauf hydraulisch betätigt werden und sich entweder absenken oder heben. Auch die Stauhöhe kann durch entsprechende mechanische Vorrichtungen auf bis zu 12 Meter erhöht werden. Aktuell ist der Stausee aber trocken gelegt, um das Bauwerk nach 40 Jahren Betrieb zu sanieren: „Die Sanierung beziehungsweise Überprüfung kostet rund vier Millionen Euro.“
Zukünftig soll an der Kinzigtalsperre auch Trinkwasser gewonnen werden: „Dies wollen wir durch eine Oberflächenwassergewinnung erreichen“, so Scheffler. Wasser, welches nicht versickert aber eine sehr gute Qualität hat, soll so zu Trinkwasser aufgearbeitet werden: „Die Qualität entspricht dann der Trinkwasserverordnung.“ Bis zu neun Millionen Kubikmeter Wasser können so jährlich gewonnen werden. „Damit kann die Kinzigtalsperre einen multifunktionalen Zweck erfüllen: Hochwasserschutz, Gewährung der Mindestwassermenge für die Kinzig und Trinkwassergewinnung. Gleichzeitig wird durch Wasserkraft eine Leistung von 300 Kilowatt pro Stunde erzeugt.“
„Wir müssen den aktiven Hochwasserschutz neu denken“, sagt Bousonville. „Es muss hybride Lösungen geben durch Hochwasserschutz in Verbindung mit Trinkwassergewinnung und der Erzeugung und Speicherung von regenerativen Energien.“ Der Wasserverband Kinzig gehe hier mit ersten Schritten voran. „Es gilt, schon lange auf dem Tisch liegende Pläne auch endlich umzusetzen. Immer noch gibt es hier bei vielen Verantwortlichen im Kreis zu wenig Bewegung.“ Im Blick auf den Klimawandel und die damit verbundenen Herausforderungen sei dies unverständlich: „Stauseen und Rückhaltebecken können mehrere Funktion erfüllen, nicht nur den Hochwasserschutz.“ Er schlägt ein Pumpspeicherkraftwerk vor, welches witterungs- und jahreszeitenunabhängig grüne Energie aus Sonne und Wind speichern kann: „Es gilt jetzt, mit großen Schritten voran zu gehen und neue und mutige Entscheidungen zu treffen, statt sich nur auf Altes und Bestehendes zu berufen“, so Bousonville abschließend.
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